Eine kleine Geschichte des Hauses

Seit etwa 600 Jahren wird in den Ligurischen Bergen terrassierter Olivenbau betrieben. Mit dem örtlichen Kalkstein wurden kunstvoll Trockenmauern aufgeschichtet und der Raum dahinter mit Erde aufgefüllt. Die Erde musste zum Teil von Eseln aus dem Tal herauf getragen werden. Dazu brauchte es ein entsprechendes Wegenetz, das die Berglagen vom Tal aus erschloss und die Bergdörfer miteinander verband. Ein für die Gegend wichtiger Eselweg führt direkt am Haus vorbei, auf der einen Seite durchs Tal nach Maremo und von dort aus vermutlich ins Nachbartal und nach Albenga hinunter, der früheren ligurischen Hauptstadt. Nach oben führt der Weg noch weiter hinauf in die ligurischen Alpen. Wer sich für die Geschichte des Olivenöls in Ligurien interessiert, kann im kostenlosen Olivenbaumuseum der Olivenmanufaktur Carli in Imperia einiges darüber erfahren.

Casa Ghiglione ist eine von ehemals 33 Ölmühlen in Marmoreo. Früher produzierte jedes Haus sein Öl in der eigenen Mühle, die von Eseln oder Ochsen betrieben wurden. Wenige Mühlen in der Schlucht machten das mit Wasserkraft. Der ehemalige Standort der Ölmühle ist kreisrund im Boden durch besondere Fliesen kenntlich gemacht. Casa Ghiglione war sicherlich eine der ersten Ölmühlen in Marmoreo. Ihre besondere Spornlage auf einem kleinen Felsgrat, der nach Südwesten ausgerichtet ist, spricht dafür. Glaubt man den Olivenbauern, war dieser Ort schon besiedelt, lange bevor in Ligurien Oliven angebaut wurden. So wird erzählt, dass Casa Ghiglione in früheren Jahrhunderten ein Kloster war und über 1000 Jahre zählt. Dies wäre nicht ungewöhnlich, gab es doch in Italien viele kleine Konvente in früherer Zeit. Und meist ist ja an der mündlichen Überlieferung ein Körnchen Wahrheit dran...

In den 80er Jahren drohte Casa Ghiglione zu verfallen und wurde an eine deutsche Kunst- und Schauspielschule verkauft (Compagnia Teatrale Marmoreo). Lehrer konnten hier unterschiedliche Kunstkurse besuchen, Theater, Musik, Bildhauerei. Zwei bekannte Autoren sind überliefert, hier zeitweilig Gast gewesen zu sein und Theaterkurse abgehalten zu haben: George Tabori und Dario Fo. In den 90er Jahren wechselte das Haus wieder den Besitzer. Ein Italiener kaufte das Anwesen, ein Liebhaber besonderer Objekte. Das Haus blieb jedoch Seminarhaus. Es wurde an einen deutschen Verein, den Gedenkverein Tina Modotti, vermietet, der vor allem Freizeiten und Familienferien und Ferien für alleinerziehende Mütter mit ihren Kindern anbot. Dann starb der damalige Besitzer und die Erben wollten das Haus 2002 verkaufen. Und so sind wir, Uwe und Janine, nun die dritten Begleiter des Hauses für eine gewisse Zeit, die Casa Ghiglione als Seminarhaus nutzen.

Oliventerrasse im Winter